Candidate Experience verbessern: Definition, Optimierung und Praxisbeispiele
In einem Arbeitsmarkt, der von Fachkräftemangel, wachsendem Wettbewerb unter Arbeitgebern und einem zunehmend selbstbewussten Bewerberverhalten geprägt ist, reicht es nicht mehr aus, einfach nur Stellenanzeigen zu veröffentlichen. Unternehmen müssen heute deutlich mehr bieten – sowohl beim Job selbst als auch im Bewerbungsprozess. Hier kommt die sogenannte „Candidate Experience“ ins Spiel. Sie beschreibt, wie Bewerber den gesamten Recruiting-Prozess erleben, und ist entscheidend dafür, ob ein Talent zu einem Unternehmen findet oder nicht. Doch was genau bedeutet Candidate Experience? Warum ist sie so wichtig und wie lässt sie sich gezielt verbessern?
In diesem Artikel gehen wir diesen Fragen auf den Grund, zeigen zentrale Einflussfaktoren auf und geben praktische Tipps für die Optimierung im Unternehmensalltag.
Inhalt
- Was ist eine Candidate Experience?
- Warum ist die Candidate Experience so wichtig für das Unternehmen?
- Vom Erstkontakt bis zum Onboarding: Die Phasen der Candidate Experience
- Wie sieht ein erfolgreiches Candidate Experience aus?
- Positive vs. negative Candidate Experience: Auswirkungen im Überblick
- Schritte zur besseren Candidate Experience
- Best Practices für eine bessere Candidate Experience
- Fazit
- FAQ
Was ist eine Candidate Experience?
Der Begriff „Candidate Experience” beschreibt die Gesamtheit der Eindrücke, die ein Bewerber oder eine Bewerberin während des Bewerbungsprozesses mit einem Unternehmen sammelt – von der Stellenausschreibung bis zur finalen Entscheidung. Es dreht sich nicht allein um das Resultat, sondern in erster Linie um den Pfad dorthin: Auf welche Art und Weise findet der Austausch statt? Wie transparent ist der Prozess? Wie fühlt sich der Kontakt – digital und persönlich – an?
Warum ist die Candidate Experience so wichtig für das Unternehmen?
Die Relevanz einer positiven Candidate Experience nimmt kontinuierlich zu – und das aus gutem Grund. Bewerber sind heute gut informiert, vergleichen Arbeitgeber intensiv und teilen ihre Erfahrungen öffentlich. Unternehmen, die im Auswahlprozess durch Wertschätzung, Transparenz und Effizienz überzeugen, können sich einen klaren Wettbewerbsvorteil sichern. Eine positive Erfahrung bleibt im Gedächtnis haften – ebenso wie eine negative.
Vom Erstkontakt bis zum Onboarding: Die Phasen der Candidate Experience
Die Candidate Experience umfasst weit mehr als nur das Bewerbungsgespräch: Sie beginnt beim ersten Kontakt mit dem Unternehmen und endet oft erst mit einem gelungenen Onboarding, nicht mit der Zusage. Jeder einzelne Schritt prägt den Eindruck, den Bewerberbende vom Unternehmen gewinnen, und beeinflusst ihre Entscheidung maßgeblich.
Nachfolgend zeigen wir die wichtigsten Stationen der Candidate Experience und worauf es in jeder Phase besonders ankommt:
1. Awareness-Phase (Aufmerksamkeit und erster Kontakt):
Was passiert hier?
Das Unternehmen wird zum ersten Mal von Bewerbern entdeckt – z. B. durch Stellenanzeigen, Social Media, Messen oder Bewertungen auf Plattformen wie kununu oder Glassdoor.
Worauf kommt es an?
- Eine authentische und attraktive Außenwirkung
- Einheitliche Arbeitgeberbotschaften auf allen Kanälen
- Klare Kommunikation der Unternehmenskultur und Benefits
2. Informationsphase (Recherche und Meinungsbildung):
Was passiert hier?
Interessierte informieren sich gezielt über das Unternehmen – auf der Karriereseite, in Mitarbeiterbewertungen, in Presseartikeln oder über persönliche Netzwerke.
Worauf kommt es an?
- Eine gut strukturierte, mobiloptimierte Karriereseite
- Ehrliche Einblicke in den Arbeitsalltag (z. B. Mitarbeitervideos)
- Transparente Informationen über Aufgaben, Werte, Gehalt und Entwicklungsmöglichkeiten
3. Bewerbungsphase (Kontaktaufnahme und Bewerbung):
Was passiert hier?
Der oder die Bewerbende reicht die Bewerbung ein – in der Regel über ein Online-Formular oder per E-Mail.
Worauf kommt es an?
- Die Bewerbungsmöglichkeiten sind einfach und intuitiv, ohne Medienbrüche
- Klare Angaben zu benötigten Unterlagen und Fristen
- Bestätigung des Bewerbungseingangs und erste Rückmeldung innerhalb kurzer Zeit
4. Kommunikationsphase (Interaktion mit dem Unternehmen):
Was passiert hier?
Es findet ein aktiver Austausch zwischen Bewerbenden und Unternehmen statt. Es gibt Rückfragen, Terminvereinbarungen und Updates zum Status.
Worauf kommt es an?
- Freundliche, zügige und persönliche Kommunikation
- Ansprechpartner klar benennen
- Erwartungen und nächste Schritte transparent machen
5. Interviewphase (persönliches Kennenlernen):
Was passiert hier?
Die Bewerbenden nehmen an Gesprächen, Tests oder Assessment-Centern teil.
Worauf kommt es an?
- Wertschätzender Umgang auf Augenhöhe
- Gut strukturierte, informative Gespräche
- Feedback und Gesprächsverlauf klar kommunizieren
6. Entscheidungsphase (Zusage oder Absage):
Was passiert hier?
Das Unternehmen trifft eine Entscheidung und teilt diese anschließend mit. Die Art der Kommunikation hat einen starken Einfluss darauf, wie Bewerber das Unternehmen wahrnehmen – auch bei Absagen.
Worauf kommt es an?
- Schnelle, klare und nachvollziehbare Kommunikation
- Wertschätzende Absagen mit individuellem Feedback
- Bei Zusagen: vollständige, transparente Vertragsunterlagen
7. Preboarding & Onboarding (Übergang zum Mitarbeitenden):
Was passiert hier?
Nach Erhalt der Zusage beginnt die Übergangsphase, die bis zum ersten Arbeitstag sowie darüber hinaus andauert. Ein professionelles Onboarding hilft neuen Mitarbeitenden, sich schnell zu integrieren.
Worauf kommt es an?
- Kontakt halten vor dem Start (z. B. Willkommensmail, erste Unterlagen)
- Strukturierter Onboarding-Prozess mit klaren Ansprechpartnern
- Kulturelle, fachliche und soziale Integration aktiv fördern
Wie sieht ein erfolgreiches Candidate Experience aus?
Ein gelungener Bewerbungsprozess hinterlässt einen bleibenden Eindruck – ganz gleich, ob er mit einer Zusage oder Absage endet. Eine gelungene Candidate Experience zeichnet sich durch Transparenz, Anerkennung und Zuverlässigkeit aus. Entscheidend ist, dass sich der Bewerber während des gesamten Prozesses gut informiert, ernst genommen und respektvoll behandelt fühlt.
Besonders positiv wirken sich dabei unter anderem folgende Aspekte aus:
- persönliche Gespräche auf Augenhöhe
- realistische Erwartungen und Zeitpläne
- sichtbares Interesse am Bewerber oder der Bewerberin
- klare Kommunikation aller Schritte
Positive vs. negative Candidate Experience: Auswirkungen im Überblick
Die Art und Weise, wie ein Unternehmen mit Bewerbern im Recruiting-Prozess umgeht, hinterlässt einen bleibenden Eindruck – sowohl positiv als auch negativ. Eine positive Candidate Experience kann Talente begeistern, die Arbeitgebermarke stärken und die Erfolgsquote im Recruiting deutlich erhöhen. Schlechte Erfahrungen können demnach zu Absprüngen, negativer Mundpropaganda oder schlechten Bewertungen auf Arbeitgeberportalen führen. Die Auswirkungen sind dabei weitreichender, als viele Unternehmen vermuten.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede zwischen positiver und negativer Candidate Experience auf einen Blick:
Vorteile einer guten Candidate Experience | Nachteile einer schlechten Candidate Experience |
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Schritte zur besseren Candidate Experience
Der Aufbau einer starken Candidate Experience erfordert konkrete Maßnahmen.
Die folgenden Schritte helfen Unternehmen dabei, strukturiert und wirksam vorzugehen:
- Prozesse analysieren: Wo springen Bewerber ab? Was kritisieren sie?
- Feedback systematisch ein halen: Zum Beispiel nach Interviews oder Absagen
- Kommunikation verbessern: Schnell, persönlich, transparent
- Digitale Tools nutzen: Zum Beispiel Bewerbermanagementsysteme oder Automatisierungen
- Verantwortlichkeiten klären: Wer ist wofür im Prozess zuständig?
Best Practices für eine bessere Candidate Experience
Zusätzlich zu strukturellen Maßnahmen helfen einfache Tipps, um das Bewerbungserlebnis nachhaltig zu verbessern:
- Karriereseite: mobiloptimiert, aktuell und authentisch gestalten
- Stellenanzeigen: klare Sprache, klare Anforderungen, klare Mehrwerte
- Antwortzeiten: idealerweise unter 48 Stunden
- Standardmails: mit persönlicher Note versehen
- Vorstellungsgespräche: gut vorbereiten und freundlich gestalten
- Absagen: individuell und respektvoll und persönlich formulieren
- Karriereseite: regelmäßig aktualisieren und Bewerberfragen antizipieren
- Reaktionszeiten messen und verbessern: ideal: < 48 Stunden
- Regelmäßiges Bewerberfeedback nutzen, z. B. über Umfragen
- Gespräche auf Augenhöhe führen: keine Machtspielchen
- Feedback: wertschätzend, ehrlich, zeitnah
- Absagen: nachvollziehbar und respektvoll kommuniziert
Fazit
Die Candidate Experience ist heute ein zentraler Erfolgsfaktor im Recruiting, denn sie entscheidet darüber, ob sich potenzielle Bewerber für eine Position interessieren oder nicht. Nicht nur über die Besetzung offener Stellen wird durch sie entschieden, sondern auch über die Außenwirkung eines Unternehmens als Arbeitgeber. Unternehmen, die ihre Bewerbungsprozesse bewusst gestalten, Bewerber ernst nehmen und professionell kommunizieren, werden langfristig erfolgreicher rekrutieren. Insbesondere für KMU bietet eine gute Candidate Experience die Chance, sich gegenüber großen Wettbewerbern positiv abzuheben – durch Nähe, Authentizität und Klarheit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist die Candidate Experience?
Als Candidate Experience wird die Gesamterfahrung bezeichnet, die ein Bewerber während des gesamten Bewerbungsprozesses mit einem Unternehmen macht – vom ersten Kontakt bis zur finalen Entscheidung.
Wie kann man Candidate Experience messen?
Durch Bewerberumfragen, Bewertungsportale oder KPIs wie Time-to-Hire und Absprungrate.
Wie kann man die Candidate Experience verbessern?
Durch schnelle Kommunikation, transparente Prozesse, Wertschätzung und persönliche Interaktion.
Welche Fehler sollten Unternehmen vermeiden?
Lange Wartezeiten, unpersönliche Absagen, fehlendes Feedback und komplizierte Bewerbungsverfahren.
Welche Tools helfen bei der Optimierung?
Tools wie Personio, Recruitee, kununu Engage, Buffer oder Canva unterstützen in Kommunikation, Analyse und Umsetzung.